Mein Sohn besuchte die 3. Klasse, als seine Klassenlehrerin und Rektorin mir nahelegte, ihn auf "Hochbegabung" oder "Asperger-Syndrom" testen zu lassen. Schulen und Lehrer sichern sich gerne ab, wenn es darum geht eine Schulempfehlung auszusprechen oder gar schriftlich im Zeugnis und somit auch in der Schulakte festzuhalten.
Völlig verwirrt und etwas verängstigt gingen wir die Testung und Diagnose, in einer Psychiatrie für Kinder und Jugendliche, an.
Ohne alle Testungen zu durchlaufen, stand schnell fest: "Ihr Sohn leidet an einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung in Form eines Asperger-Syndroms".
Diese Diagnose musste erst mal verdaut werden! Ungefähr drei Monate brauchten wir auch als Familie, um damit zurechtzukommen.
"Asperger-Syndrom" wurde zu unserem Hauptthema, alles drehte sich darum.
Mein Sohn arrangierte sich mit seiner Diagnose am schnellsten.
Endlich hatte er eine Antwort /Begründung für sein Anderssein.
Endlich konnte er auch der Außenwelt begründen, warum er sich anders verhält, anders denkt und seine Probleme mit Gruppenaktivitäten hat.
Und er hatte Glück, denn ein Jahr später wurde in Rheinland-Pfalz das Inklusionsgesetz auch in den Regelschulen eingeführt. Es wurde ihm eine Unterstützung in der Schule eingeräumt. Nicht nur eine Integrationskraft, welche ihm durch das Jugendamt an die Hand gegeben wurde, sondern auch Nachteilsausgleichsmöglichkeiten wurden für ihn integriert.
Stück für Stück hat er sich seinen Platz auch im Schulleben erarbeitet.
Die anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Klassenverband, der flexible Umgang mit Änderungen im Schulalltag, sowie Missverständnisse in der Kommunikation, die ihn zum Sonderling machten, sind verschwunden und haben sich in Spaß an der Schule sowie dem Spaß am Lernen gewandelt.
Er ist zum guten Schüler geworden, der gerne in die Schule geht.
Vor ein paar Wochen wurde er zur MSS(Mainzer Studien Stufe) angemeldet und hat damit die Möglichkeit auf ein Abitur.
Mein Sohn hat, wie viele andere Betroffene seines Alters auch, einen Weg gefunden sich mit seiner Diagnose und seinen Eigenarten anzufreunden, sich wohl zu fühlen und glücklich zu sein.
Ein glücklicher Asperger-Autist!
Asperger-Austismus gehört zu ihm und macht ihn aus!
Künftig soll seine Diagnose umbenannt werden.
Sie wird in eine deutlich größere Diagnose, mit viel mehr Betroffenen gewandelt: "Austismus-Spektrum-Störung"
Was soll jetzt passieren, mit all denen jugendlichen Betroffenen, die breitflächig in Deutschland, auf Drängen von Schulen, als "Asperger-Autisten" diagnostiziert wurden? Die sich, um ihrer Schulpflicht nachzukommen, mit dieser Diagnose und ihrer Namensgebung arrangieren mussten?
Und vor allem mit denen, die ihren Weg damit gefunden haben?
Sollen diese Menschen erneut in eine Identifikationskrise gedrängt werden, weil "Austismus-Spektrum-Störung", aus welchen Gründen auch immer, künftig eingeführt werden soll?
Ich persönlich bin gegen eine solche Änderung, da ich viele Probleme auf die Betroffenen zukommen sehe, die sie einfach nicht verdient haben.
Mein Sohn soll das Recht haben, so zu bleiben wie er ist, sich weiterhin zu mögen für das, was er ist!
Diese "Betroffenen-Generation" hat mit der Unterstützung von vielen Menschen Unglaubliches erreicht.
So viele von ihnen kommen in Regelschulen gut zurecht und fühlen sich "integriert". Warum daran rütteln?
Aus dieser Überzeugung heraus, engagiere ich mich und unterstütze unsere Vereinsgründung.
Wir machen uns auch weiterhin stark für die Lebensqualität von "Asperger-Autisten"!
Tanja Spielberger